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Tiny House – Das Wohnkonzept von Morgen

Konventionell Bauen kommt für Sie nicht in Frage? Dann haben wir eine Alternative für Sie: das Tiny House. Wie der minimalistische Lebensstil aussehen kann, zeigte schon Peter Lustig in der Sendung Löwenzahn. Nach und nach machte Lustig in den 80ern aus einem alten Bauwagen ein komplettes Zuhause. Ohne Räder und fest im Boden verankert, könnte er sich sein Bauvorhaben heute sogar staatlich fördern lassen. Wie das gelingen kann und was Sie unbedingt über das Kleinstheim wissen sollten, lesen Sie in unserem Artikel.

Tiny House – ein Trend?

Trends sind Zeichen der Zeit. Kontaktloses Zahlen, Online-Seminare, Sneaker über Anbieterportale selbst Konfigurieren oder das Arbeiten von unterwegs oder zu Hause. Das alles sind gute Beispiele für die digitale Transformation unseres Alltags, die schleichend aber stetig Einzug bei vielen Menschen gehalten hat. Fakt ist: Digitalisierung liegt absolut im Trend.

Glauben Sie, das trifft auch auf das Tiny House zu?

Stellen Sie das alternative Wohnkonzept mit uns auf den Prüfstand. Erfahren Sie, für wen das Wohnen auf optimiertem Raum ein Vorteil sein kann und entscheiden Sie selbst über den Trend-Faktor.

Die Anfänge des Kleinsthauses

Die Idee der Mikrohäuser ist nicht neu. Schon in den 1920er Jahren gab es Tüftler, die sogenannte „Motorhomes“ entwickelten, die Vorläufer der heutigen Tiny Houses. Dahinter verbarg sich der Gedanke, jederzeit mit dem eigenen Haus beliebig den Standort wechseln zu können, ohne auf Behaglichkeit verzichten zu müssen.

Aber erst die Finanzkrise im Jahr 2007 ließ die Idee zu einer richtigen Bewegung werden. Aus der Not machten viele Amerikaner eine Tugend. Ein eigenes – wenn auch kleines – „Dach über dem Kopf“ wurde aus finanzieller Sicht zur notwendigen Wohnalternative. Besonders beliebt waren die standortflexiblen mobilen Heime auf Rädern.

Der Trend zur Reduziertheit hat mittlerweile Europa erreicht, auch wenn die raumoptimierten Häuser noch Seltenheitswert im Städtebild haben. Und die Hausalternativen in diesem Sektor sind vielfältig: Hinter dem Begriff Tiny House verbergen sich die sogenannten Kleinsthäuser mit einer maximalen Wohnfläche von 15 Quadratmetern. Mit bis zu 45 Quadratmetern wartet das mobile Haus auf. Auch Small Houses zählen dazu, obwohl das Platzangebot mit bis zu 90 Quadratmetern im Vergleich zu den beiden anderen Varianten schon recht üppig erscheint.

Große Raumwunder auf kleiner Fläche

Kaum vorstellbar, dass in Zeiten von „höher, schneller, weiter“ die Idee des Gegenteils überzeugen kann. Und doch sind die Häuser auf kleinster Fläche ein ernst zu nehmender Konkurrent für konventionelle Bauten. Meist hochfunktional ausgestattet, lässt sich beispielsweise auf gerade einmal 35 Quadratmetern erstaunlich viel unterbringen.  

Die Häuser verfügen in der Regel über einen Wohn- und Essbereich, eine Küche, ein Duschbad und ein - meist über eine Treppe zu erreichendes - Schlafloft. Besonders beeindruckend: Vollintegrierte Treppenstufen, Sitzgelegenheiten oder Bettkästen bieten optimalen Stauraum, der für Ordnung sorgt.

Auch beim Thema Energiebedarf kann das Tiny House punkten: Das kleine Raumwunder braucht weniger Strom, kann diesen sogar über eine eigene Photovoltaikanlage produzieren und mit Erdwärme beheizt werden. Alle Technologien, die für ein konventionelles Haus genutzt werden können, sind auch für das Mikrohaus vorstellbar. Sie können Ihr kleines Domizil auch direkt als Passivhaus planen. Mit einer guten Wanddämmung und Wärmetauschern können Sie gleich ganz auf eine Heizung verzichten und tun auch noch Ihrem Portemonnaie etwas Gutes. Eine nachhaltige Bauweise ist nicht abhängig von der Größe Ihrer Immobilie.  

Und wo darf ich mein Tiny House bauen?

Die Suche nach dem passenden Grundstück ist nicht leicht. Die Vorstellung vom Häuschen auf einem Waldgrundstück ist zwar reizvoll, aber nicht unbedingt machbar. Das Grundstück der Wahl muss dauerhaft für Wohnzwecke vorgesehen sein. Ist der Grund bereits erschlossen, macht das Vieles leichter und auch kostengünstiger. Den Gemeinden liegen in der Regel Flächennutzungspläne und Informationen zu diesen Themen vor.

Ist das Grundstück erst gefunden, ist auf jeden Fall ein Antrag auf Baugenehmigung beim hiesigen Bauordnungsamt zu stellen. Tipp: Bei Sonder- oder noch zu entwickelnden Wohnnutzgebieten sind die Richtlinien für den Hausbau flexibler. Bei Tiny Häusern auf Rädern, die fest mit dem Trailer verbunden sind, reicht die Anmeldung als Wohnmobil.

Einige Bundesländer haben den Trend zum Minimalismus erkannt. Sie stellen bereits Flächen für ganze Kleinhaus-Siedlungen zur Verfügung. So auch die Gemeinde Schorndorf in Baden-Württemberg. Fünf der insgesamt 30 Bewerber erhielten im Dezember 2020 den Zuschlag für die ausgeschriebenen Bauparzellen mit einer Größe zwischen 120 und 150 Quadratmetern. Seit Oktober 2021 wird die neue Siedlung erschlossen. Häuser bis zu einer Wohnfläche von 35 Quadratmetern und einer Maximalhöhe von vier Metern werden hier entstehen, sobald die zukünftigen Eigentümer ihre Baugenehmigungen in den Händen halten.

Das eigene Grundstück kann von Vorteil sein

Sie haben ein großes Grundstück und planen im eigenen Garten ein raumoptimiertes Zweithaus zu errichten? Tun Sie das. Kosten für Grund und Erschließung haben Sie bereits gespart. „Wild Bauen“ ist aber auch auf dem eigenen Grundstück nicht erlaubt. Ihr Tiny House muss sich optisch an das Hauptgebäude und die Nachbargebäude anpassen. So sehen es geltende Bebauungspläne vor. Ihrer Kreativität können Sie beim Innenausbau allerdings freien Lauf lassen.

Die Baubehörde hat Einwände? Durchaus möglich. Definieren Sie Ihr Tiny House je nach Größe einfach anders. Die Genehmigungsfähigkeit verbessert sich unter Umständen, wenn sie daraus etwa ein Mini-, Ferien- oder Gartenhaus machen und vermeintliche Nebensächlichkeiten (z.B. das Fundament) einfließen lassen. Auch der Standort im Garten kann sich positiv auf die Entscheidung auswirken. Eine Garantie zum „Ja“ ist das nicht, aber einen Versuch wert. Ziehen Sie bei Bedarf eine Architektin oder einen Architekten Ihrer Wahl hinzu.

Wer träumt vom Haus auf kleinster Fläche?

Sie glauben, das Kleinstheim spricht nur bestimmte Zielgruppen an? Weit gefehlt. Junge freiheitsliebendende Individualisten zieht die Tiny-House-Bewegung ebenso an wie Best Ager ab 50, die ihren Lebensstil reduzieren, aber nicht auf die Annehmlichkeiten eines Eigenheims mit Garten verzichten möchten. Einen nachhaltigeren Lebensstil zu führen, ist ein weiteres Argument für das minimalistische Haus. Holz als Baumaterial ist hier die erste Wahl. Der Rohstoff speichert nicht nur selbst CO², sondern ist auch in der Herstellung deutlich emissionseinsparender als die Konkurrenten Aluminium, Stahl oder Ziegel.

Und da gibt es die Zielgruppe, die sich die konventionellen eigenen vier Wände schlicht nicht leisten kann, diesen Traum aber trotzdem leben möchte.

Fakt ist: Es gibt viele sehr unterschiedliche Gründe, warum sich Menschen für das Mikrohaus entscheiden. Vermutlich sind sie so variantenreich wie die kleinen Häuser selbst.

Was kostet ein Tiny House?

So variabel wie die Wohnfläche sind auch die Preise.

Sie haben Zeit und Lust selbst aktiv zu werden? Die „Do-it-yourself“-Variante ist durchaus machbar. Videos und Erfahrungsberichte sind zahlreich im Netz zu finden.

Die Kosten für einen Tiny House-Bausatz starten bei ca. 5.000 Euro. Hier sind das eigene handwerkliche Geschick und Ihre persönliche Ausdauer gefragt. Rechnen Sie bei der schlüsselfertigen Variante mit ca. 2.000 Euro Kosten pro Quadratmeter. Bei einem Luxushäuschen können schnell mal bis zu 150.000 Euro zu Buche schlagen.

Gleich eine ganze Reihe von Unternehmen hat sich auf das alternative Segment spezialisiert. Anbieter gibt es in nahezu allen deutschen Bundesländern, die sogar das Probewohnen auf dem eigenen Firmengelände ermöglichen.

Festzuhalten bleibt: Je höher Ihre Ansprüche an das kleine Eigenheim, desto teurer wird das Vorhaben. On top kommen die Bauplatzkosten, falls Sie noch kein geeignetes Grundstück besitzen.

Kennzahlen zu Tiny Houses in Deutschland

Quelle: Statista

Durchschnittliche Größe 2019 (in m²) 28,7
Durchschnittlicher Quadratmeterpreis (in Euro) 2.300
Durchschnittlicher Gesamtpreis 2019 (in Euro) 67.000

Tiny House-Förderung ist möglich

Die gute Nachricht: Entscheiden Sie sich für die feststehende Wohnvariante, können Fördermittel der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in Anspruch genommen werden. So ließe sich der Neubau Ihres Kleinst-Eigenheims beispielsweise über das KfW-Wohneigentumsprogramm finanzieren.

Klingt interessant? Ist es auch, denn Ihr Vorhaben wird mit bis zu 100.000 Euro gefördert. Das Baugrundstück, Material- oder Arbeitskosten sowie finanzielle Aufwendungen für Architekten, Energie- oder Bauberater lassen sich unter anderem über diesen Kreditbetrag gut abdecken. Sie können sogar selbst über Ihre Rückzahlungsmodalitäten entscheiden: Das Wohneigentumsprogramm lässt Ihnen die Wahl zwischen einem Annuitäten- oder endfälligen Darlehen.

Entscheiden Sie sich für das Annuitätendarlehen, wenn Ihnen Planungssicherheit wichtig ist. Bei dieser Variante zahlen Sie monatlich eine gleichbleibende Rate zurück. Sie setzt sich aus einem bis zu zehn Jahren festgelegten Zins und der Tilgung zusammen. Die Kreditgesamtlaufzeit variiert hier zwischen vier und 25 Jahren, je nach persönlichem Bedarf.

Das endfällige Darlehen könnte für Sie eine Alternative sein, wenn Sie während der Laufzeit ausschließlich Zinsen zahlen wollen. Erst am Ende der Gesamtlaufzeit von vier bis zehn Jahren wird der Kreditbetrag fällig.

Gut zu wissen: Der KfW-Förderkredit für Ihre Mikroimmobilie ist mit einem Eintrag ins Grundbuch zu besichern. Das Wohneigentumsprogramm lässt grundsätzlich auch das Kombinieren mit anderen Fördermitteln zu. Sollten Sie beispielsweise darüber nachdenken, selbst Strom zu produzieren, öffnet Ihnen die KfW auch hier die Fördertür. Sie entscheiden, ob Sie Ihre neue Photovoltaik-Anlage auf dem Dach oder an der Fassade des Neubaus anbringen lassen, oder die Freiflächen auf Ihrem Grundstück hierfür nutzen. Prüfen Sie mit Ihrer Bank, ob weitere Zulagen oder Zuschüsse in Frage kommen.

Die weniger gute Nachricht für Liebhaber des klassischen Tiny Houses auf Rädern: Sie müssen Ihren Wohntraum ohne staatliche Hilfe wahr werden lassen.

Unser Fazit

Erinnern Sie sich noch an die Frage, die wir Ihnen zu Beginn gestellt haben? Glauben Sie, dass Tiny Houses im Trend liegen?

Unsere Informationen konnten Sie von den Vorteilen und der guten Finanzierbarkeit eines Mikrohauses überzeugen? Ihre Antwort auf die Frage lautet daher ganz klar: „Ja!“ Kleine Hürden auf dem Weg zur Wohnvariante sehen Sie sportlich. Sie wissen, dass auch der Bau von konventionellen Häusern an viele Vorschriften geknüpft ist. Mit diesen Ansichten zum Tiny House sind Sie nicht allein. Seit 2016 ist das Interesse in Deutschland an kleinen Häusern stetig gestiegen und somit definitiv ein Trend, wie auch die Statistik zeigt:

Wir gehen davon aus, dass der minimalistische Lebensstil sich langfristig halten kann. Umwelt, Nachhaltigkeit und soziale Aspekte werden auch zukünftig wichtige Faktoren für die persönliche Bauentscheidung sein. Ob stetig weiter steigende Mieten andere Wohnformate hervorbringen und welche Rolle die Altersvorsorge der Zukunft dabei spielt, können wir derzeit nicht sagen.

Was wir aber wissen ist, dass einige -anfänglich skeptisch anmutende - Trends aus dem Alltag heute praktisch nicht mehr wegzudenken sind. Oder hätten Sie gedacht, das kontaktloses Bezahlen an der Supermarktkasse und Beratungen oder Zertifizierungen per Smartphone-Kamera nicht nur ein Trend, sondern nachweislich seit der pandemischen Lage gesundheitsfördernd und damit gesellschaftlich anerkannt sind? Der Digitalisierung sei Dank!

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